Menschen, die in meine Praxis kommen, bringen unterschiedliche Voraussetzungen hinsichtlich ihres Alkoholkonsums mit. Der Alkoholkonsum oszilliert auf einer Skala von 15 - 70 Standardeinheiten Reinalkohol. Eine Standardeinheit Alkohol entspricht 20 Gramm Reinalkohol, bzw. einem Glas Wein (0,2 Liter) oder 0,5 Liter Bier. Bereits im Erstgespräch thematisiere ich die nach der 4. Sitzung anstehende Abstinenzwoche. Damit ist die Vorbereitung eingeleitet. 

Dem Programm des Kontrollierten Trinkens ist eine Eingangsdiagnostik vorgeschaltet. Neben dem Erheben einer psychosozialen Anamnese wird eruiert, ob ein Alkoholmissbrauch, eine Alkoholabhängigkeit und/oder ein Alkoholentzugssyndrom vorliegt. Von Bedeutung ist, ob der Klient in der Vergangenheit bei seinen Versuchen, seinen Alkoholkonsum selbständig unter Kontrolle zu bringen, Abstinenzzeiten (Tage, Wochen) realisieren konnte. Dies ist häufig der Fall. Das Wissen um die Fähigkeit, über einen kurzen Zeitraum auf Alkohol verzichten zu können, kann Basis einer guten Zuversicht für das erfolgreiche Gestalten der anstehenden Abstinenzwoche sein.

Ich empfehle, bereits in den ersten Wochen des Programms den ein oder anderen Abstinenztag einzulegen, damit die Woche leichter zu gestalten ist und die Zuversicht ins Gelingen verbessert wird. Hilfreich ist das Zurverfügungstellen von Anticravingstrategien, also das Benennen von konkreten Strategien im Umgang mit aufkommendem Suchtdruck sowie eine solide Planung von Freizeitaktivitäten und Entspannung (Sport, Sauna, Massage, Spaziergänge, Kinobesuche, Spaziergänge, wohltuende soziale Kontakte etc.).

Ich versuche, in den vorbereitenden Gesprächen überhöhte und unrealistische Selbstansprüche abzumildern, um einer Dramatisierung, die entstehen kann, wenn die Abstinenz nicht hundertprozentig eingehalten wird, vorzubeugen. Auch eine deutliche Reduktion der Trinkmenge ist ein Erfolg, der Anerkennung verdient.

Zu Beginn des Programms empfehle ich allen Klienten, ihren Hausarzt aufzusuchen und ihn in das Projekt der Alkoholreduktion einzubeziehen. Es ist sinnvoll, Laborbefunde zum Leberstoffwechsel (GOT, GPT, GGT) einzuholen, damit am Ende des Programms Vergleichswerte erstellt werden können. Sollte ein Klient eine medizinische Unterstützung für die Abstinenzwoche wünschen, kann der Hausarzt Medikamente zur Senkung der Entzugssymptomatik, z. B. Baclofen oder Nelmefen, verordnen. Der überwiegende Teil meiner Klienten nimmt keine medizinische Unterstützung in Anspruch. Auch bei einem hohen Alkoholkonsum von über 40 wöchentlichen Standardeinheiten gelingt den meisten ein erfolgreiches Absolvieren der Abstinenzwoche. 

Zusammengefasst kann gesagt werden, dass durch eine gründliche und früh begonnene Vorbereitung die Abstinenzwoche von fast allen meiner Klienten erfolgreich bewältigt wird. Bei einem kleinen Teil sind Ausrutscher (also das Trinken von Alkohol trotz des Abstinenzvorsatzes) zu verzeichnen, wird aber immerhin noch eine deutliche Reduktion erzielt, die ausreichend ist für den Beginn der Zielfestlegung für die kommenden Wochen.